Profil Monika Hartl Physiotherapeutin

Zeit für Dauertraining

Zeit für Dauertraining

Bewegung ist einer der Schlüssel für ein gutes Leben mit Hämophilie. Physiotherapeutin Monika Hartl erklärt im Interview, wie Physiotherapie das Leben erleichtern und Blutungen vorbeugen kann.

Warum und wann ist Physiotherapie für Hämophilie-Patienten sinnvoll?

Monika: Um den eigenen Körper und die Bewegungen gut wahrzunehmen und sich so selbst gut zu spüren. Gerade nach Blutungen, wie Gelenks- oder Muskeleinblutungen, hilft Physiotherapie, um den funktionellen Bewegungsablauf wiederherzustellen. Es ist im Grunde wie ganz allgemein bei Verletzungen, wenn sich Ausweichmechanismen oder Verspannungen einschleichen, kann das nahezu unbemerkt zu Bewegungseinschränkungen führen. Und genau daher ist es essenziell, den Bewegungsablauf mit Physiotherapie professionell wieder aufzubauen.

Sie haben bereits die Gelenksblutungen angesprochen. Wie kann Physiotherapie hier helfen?

Monika: Zunächst beginnen wir mit einer passiven Durchbewegung. Und zwar in einem Bewegungsausmaß, in dem die Schmerzen gering gehalten werden können oder in einem schmerzfreien Bereich liegen. Durch diese passive Bewegung bringen wir damit auch mehr Bewegung in das Gelenk hinein. Das heißt, dass die Blutung nicht so stocken kann wie sonst. Je mehr Flüssigkeiten in das Gelenk gebracht werden kann, desto besser kann das Hämatom abtransportiert werden. Förderlich ist außerdem, dass man auch in der Entlastung einen richtigen Bewegungsablauf für sich durchführen kann.

Ist es möglich, dass man wieder komplett schmerzfrei wird?

Monika: Hämophilie-Patienten haben ein anderes Schmerzempfinden – gleichzeitig ist dies aber auch sehr individuell. Ich sage, dass es möglich ist – aber nur, wenn die Patienten auch wirklich konsequent daran arbeiten. Menschen mit Hämophilie sollten ohnehin in einer Form des Dauertrainings bleiben. Sport tut uns allen gut! Und für Hämophilie-Patienten ist es umso wichtiger, dass der Bewegungsapparat regelmäßig trainiert wird.

Physiotherapeutin Monika Hartl trainiert Philipp
Hämophilie-Patient Philipp trainiert Kniebeugen

Welche Arten von Bewegungen sind dafür gut geeignet?

Monika: Komplexe Bewegungen, wie Klettern etwa, bieten sich ideal an. Hier wird die gesamte Muskulatur trainiert. Auch Schwimmen kann förderlich sein, weil das Wasser den Druck auf die Gelenke nimmt. Wobei auch eine gewisse Form der Druckbelastung, etwa durch Seilspringen, hilfreich ist. Es muss auf jeden Fall ausgewogen sein – und man kann es wunderbar in den Alltag integrieren, etwa wenn man mit dem Rad zur Arbeit oder in die Schule fährt.

Kann, Physiotherapie auch präventiv helfen, das Risiko für Blutungen zu reduzieren?

Monika: Berufsbedingt sage ich natürlich ja. Menschlich gesehen sage ich, dass es auch in der Eigenverantwortung der Patienten liegt. Es geht darum, dass man seine Bewegungen einerseits korrekt ausführt und andererseits spürt, wo man vielleicht Defizite hat. Das ist etwas sehr Wichtiges. Natürlich kann die Physiotherapie therapeutisch behandeln, aber gerade auch prophylaktisch ist sie für hämophile Menschen ganz wesentlich.

Zusammenfassend: Warum ist Physiotherapie für Hämophilie wichtig?

Monika: Man lernt dabei, intensiver auf sich selbst zu hören. Wenn man konstant in Bewegung bleibt – und das kann bereits im Kleinkindalter beginnen – dann unterstützt das, möglichst lange ohne Bewegungseinschränkungen zu leben. Und das hat natürlich einen ganz positiven Effekt auf die Lebensqualität. Bewegung sollte so selbstverständlich in den Alltag eingebaut werden wie Essen oder Zähneputzen. Das gilt vor allem auch für hämophile Kinder. Oftmals ist es ganz schwierig, Eltern davon zu überzeugen, dass Kinder alles tun können, was sie wollen – man muss es ihnen nur zutrauen. Und Kinder müssen lernen, auf sich selbst und ihren Körper zu hören.

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