Abenteuer Spritzen
Irgendwann in der 18. Schwangerschaftswoche war es eindeutig, dass sich ein kleiner Junge zu uns auf den Weg machen wird. Da ich Hämophilie-Überträgerin bin, war mir bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, ein von Hämophilie betroffenes Kind auf die Welt zu bringen, ziemlich hoch war. Uns wurde gleichzeitig angeboten, eine Fruchtwasseruntersuchung durchzuführen, um festzustellen, ob das Baby tatsächlich mit einer Hämophilie geboren wird.
Für meinen Mann und mich stand jedoch fest, dass wir keine Fruchtwasseruntersuchung wollten. Vor allem (aber nicht nur) wegen der möglichen Risiken (z. B. Blutungen, Kontraktionen der Gebärmutter, und im schlimmsten Fall eine Fehlgeburt) haben wir uns gegen die Fruchtwasseruntersuchung entschieden.
Wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits eine Tochter. Und wie schon bei meiner vorherigen Schwangerschaft standen wir im engen Kontakt mit dem Hämophilie-Zentrum. Von den Ärzten vor Ort wurden wir perfekt während der kompletten Schwangerschaft betreut. Auch auf die Geburt wurden wir gut vorbereitet und erhielten Informationsbroschüren, einen Brief unseres Hämophilie-Zentrums mit den wichtigsten Eckdaten, sowie Gerinnungspräparate für das Baby, die bei einem Notfall während/nach der Geburt hätten verabreicht werden können. Darüber hinaus arbeiteten die Ärzte aus dem Hämophilie-Zentrum eng mit den Kinderärzten aus unserer Geburtsklinik zusammen. Am Tag der Geburt waren somit alle bestens vorbereitet und dank der tollen Zusammenarbeit hatten wir bereits nachmittags das Ergebnis des Bluttestes unseres Sohnes vorliegen: er hat Hämophilie.
Mein Kind mit Hämophilie – Der Beginn eines Abenteuers
Nach Absprache mit dem Hämophilie-Zentrum begann die Prophylaxe-Therapie von Moritz als er sechs Monate alt war. Aufgrund seines Alters und der Venensituation bei einem Neugeborenen haben wir Moritz im Hämophilie-Zentrum mit dem Faktorpräparat behandeln lassen. Das hieß für uns, ein Jahr lang einmal wöchentlich ins Hämophilie-Zentrum zu fahren. Nicht einfach, aber machbar.
Und so begann dann auch das wirkliche Abenteuer Spritzen. Nun war es soweit: Ich sollte Moritz zum ersten Mal selbst spritzen. Dies hat mich viel Überwindung gekostet, aber die Mitarbeiter vom Hämophilie-Zentrum standen mir beiseite und haben mich gründlich angeleitet. Durch die gute Unterstützung der Mitarbeiter vor Ort habe ich mich dann auch schlussendlich getraut, Moritz selbst zu spritzen.
Zwar war es nicht mein erstes Mal, jemanden mit einem Faktorpräparat zu spritzen, da mein Bruder ebenfalls Hämophiler ist, aber trotz allem fühlte ich mich ein wenig aus der Übung. Meine Aufregung stieg mit jeder Sekunde, aber ich wollte es unbedingt schaffen. Und tatsächlich klappte es direkt beim ersten Mal! Trotz dieses Erfolgserlebnisses sollten wir die nächsten Infusionen gemeinsam mit dem Hämophilie-Zentrum verabreichen, bis ich mich so sicher gefühlt habe, das Spritzen auch alleine durchzuführen.
Nach einer Weile haben wir dann Moritz zu Hause gespritzt, auch wenn mich das manchmal zur Verzweiflung gebracht hat. Moritz Venen waren so schwierig zu ertasten und sind mir teilweise weggerollt. Zudem fing Moritz oftmals zu strampeln an, sobald ich eine Vene gefunden hatte… Kein einfaches Unterfangen, vor allem nicht für Moritz.
Trotz der anfänglichen Herausforderungen haben Moritz und ich uns an das regelmäßige Spritzen gewöhnt. Eine Entlastung war auch, dass unsere Kinderärztin angeboten hatte, im Notfall einzuspringen. Zwar kam dieser Notfall nur einmal vor, hat uns allerdings eine lange Fahrt und viel Mühe erspart.
Denn je älter Moritz wurde, desto entspannter wurde das Spritzen insgesamt. Seine Venensituation ist sehr viel besser geworden und auch Moritz hat sich schon seit langer Zeit an das allwöchentliche Spritzen von seinem Faktorpräparat gewöhnt. Ihm macht das Spritzen überhaupt nichts mehr aus und wir sind innerhalb von wenigen Minuten fertig. Zum Teil schauen auch Besuchskinder und Freunde von seiner großen Schwester interessiert zu. Das Spritzen ist zu einem völlig normalen Teil unseres Familienlebens geworden, egal ob im Alltag oder im Urlaub.
Meine Tipps für Eltern:
- Entspannt bleiben und die Faktorgabe lieber abbrechen, wenn es nach drei Versuchen noch nicht geklappt hat. Dann lieber später oder am nächsten Tag noch einmal versuchen.
- Den Kinderarzt mit ins Boot holen und sich einen Plan überlegen, wie man im Notfall vorgehen sollte. Am besten auch den Arzt im Hämophilie-Zentrum hierzu befragen.
- Gerade zu Beginn nicht alleine Spritzen. Unterstützung von anderen Personen hilft, auch für das eigene Wohlbefinden.
Physiotherapie - für jedes Alter?
Eine Physiotherapie kann nicht nur für erwachsene Hämophilie-Patienten ratsam sein, sondern auch schon kleinen Patienten helfen. In diesem Beitrag erzählt Denise euch von der Physiotherapie ihres Sohnes Titus und wie diese eine optimale Behandlung seiner Hämophilie unterstützt.
Dominiks erste Klassenfahrt
Die erste Klassenfahrt ohne Eltern: ein großer Schritt, nicht nur für den an Hämophilie erkrankten Dominik, sondern auch für Mama Beatrix. Doch mit der richtigen Vorbereitung und einem Hämophilie-Notfallplan für alle Fälle steht der Klassenfahrt nichts mehr im Wege!