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Vertrieb von Faktor über Apotheken – Ein Jahr später

Das „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV)“ ist seit dem 1. September 2020 in Kraft. Über diese Gesetzesänderung hatte ich letztes Jahr bereits einmal berichtet, denn für Hämophilie-Patienten haben sich hierdurch ein paar Veränderungen ergeben. Bis dato gab es nämlich eine Sonderregelung für den Vertrieb von Faktorenkonzentraten, bei der die Medikamente von den herstellenden Pharmaunternehmen direkt an die behandelnden Ärzte in den Zentren geliefert wurden. Im Folgenden möchte ich noch einmal kurz auf die wichtigsten Aspekte in der Medikamentenversorgung nach neuer Gesetzeslage eingehen und meine Erfahrungen aus dem letzten halben Jahr schildern.

Rezeptierung, Zuzahlungsbefreiung und Rabattverträge

Für Medikamente, so auch für Faktorenkonzentrat, fällt eine gesetzliche Zuzahlung an. Diese Zuzahlung beträgt grundsätzlich 10 Prozent des Apothekenverkaufspreises und ist begrenzt auf mindestens 5 und höchstens 10 Euro. Bei regelmäßiger Therapie können somit vor allem für Patienten mit einer schweren Hämophilie hohe Zuzahlungen anfallen.

Es gibt zwei Möglichkeiten die Kosten der Zuzahlung zu reduzieren:

  1. Bündelungen der Packungsgrößen: Diese Bündelungen gelten dann als Einzelpackung, so dass lediglich eine einmalige Zuzahlung für das Rezept, und nicht für jede einzelne Packung Faktorenkonzentrat, fällig wird. Zusätzlich zu dieser Bündelung von vielen Packungen auf einem Rezept, kann auch über die Faktoreinheiten Geld gespart werden. Während beispielsweise für 6 Packungen à 1.000 I.E. und 6 Packungen à 2.000 I.E. insgesamt eine Zuzahlung von 20€ anfällt, sind bei 6 Packungen à 3.000 I.E. nur 10€ zu zahlen.

  2. Zuzahlungsbefreiung: Da Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre generell von dieser Zuzahlungspflicht befreit sind, können Erwachsene nach Erreichen Ihrer persönlichen Belastungsgrenze eine Befreiung von der Zuzahlung bei der zuständigen Krankenkasse beantragen. Diese liegt normalerweise bei 2 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens, bei Menschen mit chronischen Erkrankungen bei 1 Prozent.

  3. Manche Medikamente sind auch dank so genannter Rabattverträge von Zuzahlungen befreit. Rabattverträge sind vertragliche Vereinbarungen zwischen einzelnen Pharmaunternehmen und Krankenkassen. Da auch einige Hersteller von Faktorenkonzentraten solche Rabattverträge mit Krankenkassen haben, lohnt es sich auf jeden Fall beim Hersteller bzw. der eigenen Krankenkasse nachzuhören. So kann unter Umständen eine Zuzahlung bei Faktorenkonzentrat gänzlich vermieden werden.

Meine Erfahrungen

Ich habe meine ersten Bestellungen von Faktorenkonzentrat nach neuer Gesetzeslage nun hinter mir und kann sagen, dass es weiterhin problemlos läuft. Pro Rezept erhalte ich mein Faktorenkonzentrat für bis zu 3 Monate bzw. bis zu einer maximalen Packungsgröße von 30 Packungen. Da es für mein Faktorpräparat seit kurzem einen Rabattvertrag mit meiner Krankenkasse gibt, bin ich derzeit am Klären, inwieweit ich mich gänzlich von der Zuzahlung befreien lassen kann. Zur Notfallversorgung kann ich bislang glücklicherweise wenig sagen. Einerseits hatte ich in der Vergangenheit kaum Blutungsereignisse, andererseits achte ich immer auf eine rechtzeitige Bestellung von neuem Faktorenkonzentrat. Dank der engen Zusammenarbeit mit meinem Hämophiliezentrum sowie der im Internet einsehbaren Listen mit Apotheken, die Faktorenkonzentrate anbieten, bin ich mir aber sicher, auch im absoluten Notfall schnellstmöglich mit meinem Präparat versorgt zu werden. Ich denke, dass das „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ trotz kleiner Anlaufschwierigkeiten den Prozess der Medikamentenversorgung für Bluter nicht negativ beeinflusst. Im Gegenteil, dank der freien Apothekenwahl kann ein Hämophilie-Patient nun selbst entscheiden, welcher Apotheke er am meisten vertraut und wo der Lieferweg für ihn am bequemsten ist.

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