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Gelenkgesundheit bei Hämophilie

Gelenkgesundheit bei Hämophilie

„Hämophilie ist nicht nur ein Problem der Gerinnung, sondern auch ein Problem der Gelenke!“
Dieses Zitat aus einer Informationsbroschüre, die mir bei meinem letzten Besuch im Hämophilie-Zentrum zwischen die Finger gekommen ist, hat mich zum Nachdenken gebracht. Denn obwohl ich dank meiner regelmäßigen Prophylaxe und den fortschrittlichen Faktorenkonzentraten gesunde Gelenke habe, kommt eine Gelenkblutung hin und wieder vor. Was kann ich also tun, um auch langfristig und im Alter meine Gelenkgesundheit zu erhalten?

Gelenke und Hämophilie

Bei Menschen mit einer Hämophilie besteht eine erhöhte Gefahr von Einblutungen ins Gelenk. Besonders oft sind dabei Sprung-, Knie- und Ellenbogengelenk betroffen. Gründe für Gelenkblutungen können Stöße, Stürze, zu starke Belastung oder bei schwerer Hämophilie sogar spontane Blutungsereignisse sein. Selbst zu starke Schonung kann die Gelenke nachhaltig schädigen.  Gelenkblutungen können gravierende und irreversible Schäden im betroffenen Gelenk verursachen. Das kann sich negativ auf die Lebensqualität auswirken, denn ohne funktionierende Gelenke geht im wahrsten Sinne des Wortes gar nichts mehr.

Maßnahmen bei aufgetretenen Gelenkblutungen

Wie erkenne ich überhaupt, ob ich eine Gelenkblutung habe? Symptome wie Schmerzen, eine tast- oder sichtbare Schwellung, Rötung, Erwärmung der Haut, kribbelndes Gefühl oder eine Bewegungseinschränkung im Gelenk können auf ein Blutungsereignis hindeuten.

Wurde eine Gelenkblutung identifiziert, gilt es zunächst, die Blutung zu stillen. Dafür ist die sofortige Gabe von Gerinnungsfaktoren, entsprechend den Empfehlungen des behandelnden Arztes, unbedingt erforderlich. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen sinnvoll, um die Gelenkblutung bestmöglich in den Griff zu bekommen. Hier empfiehlt sich die so genannte „PECH“-Regel:

P = Pause
> Ruhigstellen und schonen des betroffenen Gelenks (z.B. mit einer Gehhilfe)

E = Eis
> Kühlen etwa alle zwei Stunden für 15 Minuten mit einem Coolpack lindert die Schwellung und Schmerzen.

C = Compression
> Anlegen eines Kompressions- oder Druckverbands kann sich positiv auf den Heilungsverlauf auswirken.

H = Hochlagern
> Hochlagern des betroffenen Gelenks verringert den Druck in den Blutgefäßen. Dadurch lassen sich mögliche Nachblutungen verhindern.

Nach einer Gelenkblutung gilt weiterhin:

  • Solange die Blutung am Gelenk nicht vollständig verschwunden ist oder das Gelenk noch schmerzt, ist Sport nicht empfehlenswert
  • Erst nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder Physiotherapeuten wieder sportliche Aktivitäten starten
  • Belastungen nur langsam steigern
  • Auf besonders gelenkbelastende Sportarten möglichst ganz verzichten

Bei größeren Blutungsereignissen oder wenn bereits Schädigungen des Gelenks entstanden sind, ist eine intensive medizinische Behandlung erforderlich, wie z.B. Physiotherapie, entzündungshemmende Medikamente oder sogar chirurgische Eingriffe.

Tipps zur Prävention und dem Erhalt deiner Gelenkgesundheit

  • Prophylaxe kann dich vor Gelenkblutungen schützen!
    Die prophylaktische Gabe von Faktorenkonzentrat ist ein zentraler Baustein in der Verhinderung von Blutungsereignissen. Dabei lag der empfohlene Faktorspiegel früher bei über 1% für den Talspiegel (= niedrigster Wert während der Prophylaxe). Heutzutage sind sich die Experten einig, dass dieser bei mindestens 3-5%, mitunter sogar bei 10% liegen sollte, damit Menschen mit Hämophilie ausreichend vor Blutungen geschützt sind. Dank moderner Präparate mit verlängerter Halbwertszeit kann ein langfristigerer und zuverlässigerer Schutz vor (Gelenk-) Blutungen gewährleistet werden.
  • Passe deinen Faktorspiegel zusammen mit deinem Arzt an deine geplanten Aktivitäten an!
    Sinnvoll ist es auch, die Faktorgabe an die geplanten Aktivitäten anzupassen. Vor allem bei höherer körperlicher Aktivität (z.B. Klettern, Tischtennis oder Badminton), ist die prophylaktische Gabe von Faktorenkonzentrat wichtiger, als wenn man auf der Couch liegt und ein Buch liest oder gemütlich eine Runde spazieren geht.
  • Baue Bewegung und Sport in deinen Alltag ein!
    Die beste Möglichkeit, um Gelenkblutungen zu vermeiden, sind stabile, bewegliche und starke Gelenke. Bewegung ist hier das A und O, denn wer rastet der rostet. Es bieten sich vor allem Sportarten an, die eine geringe Stoßbelastung auf den Körper auswirken, während verletzungsintensive Sportarten gemieden werden sollten.
  • Hol dir professionelle Unterstützung durch Physiotherapie!
    Dank der fachlichen Expertise können besonders gefährdete Gelenke identifiziert und gezielt mit Übungen und Krafttraining gestärkt werden. Viele physiotherapeutische Übungen lassen sich auch eigenständig zu Hause durchführen.
  • Vermeide Übergewicht!
    Durch die Vermeidung von Übergewicht werden Gelenke geschont. Körperliche Aktivität und eine gesunde Ernährung helfen dabei, überschüssige Pfunde zu verhindern oder diese wieder zu verlieren.
  • Sprich mit deinem Hämophilie-Team!
    Dank moderner und flexibler Therapien gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie du Gelenkblutungen sehr gut vermeiden kannst. Informier dich dazu bei deinem behandelnden Arzt.


Das Lesen der Informationsbroschüre hat mir einen großen Motivationsschub verpasst, wieder mehr Sport zu machen, um auch langfristig meine Gelenkgesundheit zu erhalten. Die ersten Runden auf meinem Crosstrainer und der Ruderbank habe ich hinter mir und auch meinen Tischtennisschläger habe ich wieder rausgeholt. Jetzt heißt es für mich am Ball bleiben und weitermachen, denn ich möchte mich auch im Alter noch unbeschwert bewegen können und aktiv sein.

Hier geht’s zur Informationsbroschüre

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